Seite sieht häßlich aus und sie haben eine schnelle Verbindung ? Versuchen Sie diese schönere Version.

Clay Shirky: Ei­ne Grup­pe ist ihr ei­ge­ner schlimm­ster Feind

Ein Vor­trag bei der ETech, ge­schrie­ben April 2003, über­setzt von Thor­sten Sie­ben­born mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung von Clay Shirky.

Ori­gi­nal:A Group Is Its Own Worst Ene­my

Fuß­no­ten entspre­chen ei­ge­nen An­mer­kun­gen

Gu­ten Mor­gen zu­sam­men. Ich möch­te heu­te mor­gen über so­zia­le Soft­ware re­den…die ei­ne Über­ra­schung bein­hal­tet. Ich möch­te über ein Mu­ster spre­chen, das wie­der und im­mer wie­der in so­zia­ler Soft­ware auf­taucht, die gro­ße und lang­le­bi­ge Grup­pen un­ter­stüt­zen will. Und die­ses Mu­ster ist das Mu­ster, was im Ti­tel die­ses Vor­trags auf­taucht: „Ei­ne Grup­pe ist ihr ei­ge­ner schlimm­ster Feind.“

Ins­be­son­de­re möch­te ich dar­über re­den, was ich für ei­ne der zen­tra­len Her­ausfor­derungen für das De­sign von so­zia­ler Soft­ware hal­te, die im groß­flä­chi­gem Maß­stab einge­setzt wer­den soll. Weil der Begriff im­mer noch ziem­lich un­be­stimmt ist, er­lau­ben Sie mir, Ih­nen ei­ne De­fi­ni­ti­on von so­zia­ler Soft­ware zu ge­ben. Mei­ne De­fi­ni­ti­on ist ziem­lich ein­fach: Es ist Soft­ware, die es ei­ner Grup­pe er­laubt, zu interagie­ren. Ob­wohl es ei­ne ziem­lich ein­fache De­fi­ni­ti­on ist, möch­te ich auch be­to­nen, wie fun­da­men­tal die­ses Mu­ster ist. Das In­ter­net un­ter­stützt vie­le grund­le­gen­de Ar­ten der Kom­mu­ni­ka­ti­on: so­wohl ein­sei­tig als auch beid­sei­tig, als Ein­zel­per­son oder als Grup­pe.

Vor dem In­ter­net hat­ten wir vie­le Mu­ster, die beid­sei­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on für Ein­zel­per­sonen er­laubt. Wir hat­ten das Te­le­fon, wir hat­ten den Telegraf. Wir wa­ren an die tech­no­lo­gi­sche Um­set­zung die­ser Ver­stän­di­gung ge­wöhnt. Vor dem In­ter­net hat­ten wir vie­le Mu­ster, die es dem ein­zel­nen er­laubt, ei­ne Grup­pe zu er­rei­chen. Ich konn­te et­was über das Fern­se­hen oder das Ra­dio sen­den oder ich konn­te ei­ne Zei­tung pu­bli­zie­ren. Wir hat­ten die Druck­er­pres­se. Wäh­rend das In­ter­net die­se Ar­ten der Kom­mu­ni­ka­ti­on gut un­ter­stützt, kann­ten wir be­reits die­se Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men.

Vor dem In­ter­net war die letz­te und ein­zi­ge Tech­no­lo­gie, die ei­nen wirk­lichen Ein­fluss dar­auf hat­te, wie sich Leu­te zu­sam­menfin­den und re­den…der Tisch. Es gab kei­ne tech­ni­sche Un­ter­stüt­zung für Grup­penge­spräche. Das, was noch am näch­sten heran­kommt, war die Kon­fe­renz­schal­tung, die nie­mals rich­tig funk­tio­nierte – „Hal­lo ? Drücke ich jetzt den Knopf ? Oh, Mist, ich ha­be ge­ra­de auf­ge­legt.“ Es ist nicht leicht, ei­ne Kon­fe­renz­schal­tung ein­zu­rich­ten, aber es ist lä­cher­lich ein­fach, fünf Freun­de an­zu­mai­len und zu fra­gen: „He, wo­hin ge­hen wir Piz­za es­sen ?“ Ei­ne so lä­cher­lich ein­fache Grup­penbildung ist wirk­lich ei­ne Neu­ig­keit.

Wir ha­ben so­zia­le Soft­ware nun seit ma­xi­mal 40 Jah­ren, da­tiert seit dem Aufkom­men des Pla­to BBS Sy­stems[1] , und da­von ha­ben wir nur un­ge­fähr 10 Jah­re mit ei­ner weit­ver­brei­te­ten Ver­füg­bar­keit. Des­halb sind wir im­mer noch da­bei, her­auszufin­den, was funk­tio­niert.

Soft­ware, die Kom­mu­ni­ka­ti­on in­ner­halb ei­ner Grup­pe er­laubt, ist jetzt grund­sätz­lich un­be­frie­di­gend de­fi­niert, da es sich auf kei­ne spe­zi­el­le Tech­no­lo­gie be­zieht. Wenn ich mir E-Mail so an­schaue, dann kann ich da­mit of­fensichtlich so­zia­le Be­zie­hun­gen un­ter­stüt­zen, al­lerdings er­laubt E-Mail das Verbrei­ten von Nach­rich­ten. Wenn ich ein Spam­mer bin, dann wer­de ich ei­ne Mil­li­on Leu­te an­mai­len, aber we­der wer­den die Emp­fän­ger der Mail mit­ein­an­der re­den noch wer­den ich und die Emp­fän­ger in Kon­takt tre­ten – Spam ist E-Mail, aber es feh­len so­zia­le Bin­dun­gen. Wenn ich Sie an­maile und sie schrei­ben mir zu­rück, ha­ben wir ein­sei­ti­ge oder beid­sei­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on, aber nichts, was Grup­pendynamik er­zeugt.

Ob­wohl es da­zu in der La­ge ist, un­ter­stützt E-Mail al­so nicht not­wen­digerweise so­zia­le Bin­dun­gen oder Grup­penbe­zie­hun­gen. Das glei­che gilt für ein Blog. Wenn ich Glenn Reynolds[2] bin und ich et­was mit aus­ge­schal­te­ten Kom­mentaren ver­öf­fent­li­che und da­mit ei­ne Mil­li­on Le­ser er­rei­che, dann han­delt es sich um das Verbrei­ten von Nach­rich­ten. In­ter­es­sant, dass man dies als Ein­zel­per­son tun kann, aber das Mu­ster der Kom­mu­ni­ka­ti­on hat mehr mit ei­nem Nach­rich­ten­sen­der als mit ei­nem Ge­spräch zu tun. Wenn es wie­derum ei­ne klei­ne An­zahl von Live­Jour­nal-Be­nut­zern ist, die mit den an­de­ren über ihr Leben spre­chen, dann ist es wie­derum sozial. Wie­derum: Ob­wohl Blogs da­zu in der La­ge sind, so­zia­le Mu­ster zu un­ter­stüt­zen, sind sie nicht not­wen­digerweise ei­ne Form der Ge­sel­lig­keit.

Nichtsdestotrotz den­ke ich, dass es die rich­tige De­fi­ni­ti­on ist, weil sie die grund­sätz­lich ge­sel­li­ge Na­tur des Pro­blems an­er­kennt. Grup­pen sind dy­na­misch. Man kann nicht vor­herse­hen, wie ei­ne Grup­pe agie­ren wird und des­halb kann Soft­ware auch nicht so ge­baut wer­den, dass sie auf je­de Mög­lichkeit einge­hen kann.

Es gibt jetzt ei­ne rie­si­ge Menge an Li­te­ra­tur, die sagt: „Wir ent­wick­el­ten die­se Soft­ware, ei­ne Grup­pe ent­stand und fing an, sie zu be­nut­zen. Die Grup­pe zeig­te nun für uns ab­so­lut über­ra­schen­den­de Ver­hal­tens­wei­sen, al­so ha­ben wir die­se Ver­hal­tens­wei­sen auf­ge­zeich­net.“ Die­ses ver­trau­te Mu­ster taucht wie­der und wie­der und wie­der auf. (Ich hö­re Ste­wart Brand, die Iko­ne der ame­ri­ka­ni­schen Ge­genbe­we­gung, auf­la­chen). The WELL[3], ei­nes der er­sten On­line-Commun­it­ies, ist ei­nes der Plät­ze, wo die­ses Mu­ster im­mer und im­mer wie­der auf­taucht.

Die­ser Vor­trag ist in drei Teile aufge­baut. Die be­ste Er­klä­rung, die ich für die Ver­hal­tens­wei­sen ge­fun­den ha­be, die in mensch­li­chen Grup­pen auf­tau­chen, stammt aus der psy­cho­lo­gi­schen For­schung vor der Zeit des In­ter­nets. Des­halb wird sich der er­ste Teil, mit dem ich gleich be­gin­nen wer­de, mit der For­schung von W. R. Bi­on be­fas­sen, die, so glau­be ich, er­klärt, wie und war­um ei­ne Grup­pe ihr ei­ge­ner schlimm­ster Feind ist.

Der zwei­te Teil ist: War­um jetzt ? Was geht ge­nau in die­sem Au­genblick vor, was die­se Fra­ge­stel­lung so wich­tig macht ? Ich den­ke, wir se­hen ei­ne wirk­lich in­ter­es­san­te Re­vo­lu­ti­on so­zia­le Soft­ware be­tref­fend im der­zei­ti­gen Um­feld.

Und drit­tens möch­te ich ein paar Din­ge ausma­chen, et­wa ein hal­bes Dut­zend Din­ge, die den Kern je­der Soft­ware ausma­chen, die grö­ße­re und lang­le­bi­ge Grup­pen un­ter­stützt.

Er­ster Teil: Wie kann ei­ne Grup­pe ihr ei­ge­ner schlimm­ster Feind sein ?

So, zum er­sten Teil. Die be­ste Er­klä­rung, die ich für die Ent­ste­hung und Eta­blie­rung die­ses Mu­sters ge­fun­den ha­be, ent­stammt „Ex­pe­ri­ences in Groups“[4], dem Buch von W. R. Bi­on aus der Mit­te des vor­herigen Jahrhun­derts.

Bi­on war ein Psy­cho­lo­ge, der Grup­penthe­ra­pie mit ei­ner Grup­pe von Neu­ro­ti­kern durch­führ­te (Ver­glei­che mit In­ter­net-Be­nut­zern zu zie­hen über­las­se ich dem Le­ser). Die Er­kennt­nis, zu der Bi­on ge­lang­te, war, dass die Neu­ro­ti­ker als Grup­pe sei­ne The­ra­piever­suche un­ter­ein­an­der im Ein­klang sa­bo­tier­ten.

Es gab kei­ne Ab­spra­chen oder Pla­nun­gen. Aber je­desmal, wenn er ver­suchte, et­was zu tun, was ei­nen nach­hal­ti­gen Ef­fekt hervorru­fen soll­te, fand die Grup­pe ei­nen Weg, dies zu ver­un­mög­li­chen. Und der Ver­such, her­auszufin­den, ob er die Si­tua­ti­on vom Ge­sichts­punkt ei­gen­mäch­ti­ger Ak­tio­nen be­stimm­ter Grup­pen­mit­glie­der oder als ko­or­di­nier­ten Grup­penimpuls se­hen soll­te, trieb ihn, bild­lich ge­spro­chen, fast in den Wahn­sinn.

Er war nicht in der La­ge, dies auf­zu­lö­sen und so ent­schied er sich, dass die Un­auf­lös­bar­keit der Frage die Ant­wort ist. Die Ant­wort auf die Frage: „Siehst Du Grup­pen als An­samm­lung von Ein­zel­per­sonen oder als Per­so­nen, die sich ge­schlos­sen der Grup­pen­ein­heit un­ter­ord­nen ?“ war sei­ner Mei­nung nach: „Die Grup­pe ist bei­dem hoff­nungs­los ver­pflich­tet.“

Er sag­te, dass Men­schen grund­sätz­lich In­di­vi­du­en sind und gleich­zei­tig grund­sätz­lich sozial sind. Je­der von uns hat ei­ne Art ra­tio­na­len Verstand, der auf dem, was er wahr­nimmt, Ent­schei­dun­gen trifft und aus­führt. Und wir al­le sind in der La­ge, in­stink­tiv emo­tio­nale Be­zie­hun­gen mit an­de­ren Grup­pen­mit­glie­dern einzuge­hen, die über den intellektuellen As­pekt des Ein­zel­nen hinausge­hen.

Tat­säch­lich war Bi­on von der Rich­tigkeit sei­ner Aus­sa­ge so über­zeugt, dass das Ti­telbild sei­nes Bu­ches ei­nen Necker­wür­fel dar­stellt. Der Necker­wür­fel ist dop­pel­deu­tig, man kann ihn aus ei­ner Per­spek­ti­ve oder aus ei­ner an­de­ren se­hen, aber nie­mals gleich­zei­tig. Ge­nauso kön­nen Grup­pen so­wohl als An­samm­lung von In­di­vi­du­en als auch vom Ge­sichts­punkte emo­tio­nal ba­sier­ter Grup­pener­fah­rung ana­ly­siert wer­den.

Nun kann man die­se Art des Grup­penzu­sam­menhalts ziem­lich leicht bei Grup­pen mit for­ma­ler Zu­ge­hö­rig­keit ih­rer Mit­glieder be­ob­ach­ten, Grup­pen, die ih­re ei­ge­ne Be­zeich­nung ha­ben und wo die Mit­glieder sich „Ich bin ein Mit­glied der-und-der Gil­de in dem-und-dem MMORPG“ be­zeich­nen. Aber Bi­on's The­se ist, dass der Ein­fluss viel, viel tie­fer be­ginnt und viel, viel frü­her zum Tragen kommt als Leu­te er­war­ten wür­den. Des­halb möch­te ich dies mit ei­ner Ge­schich­te ver­deutlichen, und um die Ge­schich­te selbst zu ver­deutlichen, er­zäh­le ich ei­ne Ge­schich­te aus Ih­rem Leben. Ob­wohl ich Sie nicht ken­ne, weiß ich, dass ich et­was be­schrei­be, was Ih­nen sel­ber pas­siert ist.

Sie sind auf ei­ner Par­ty und sie be­gin­nen sich zu lang­wei­len. Sie sa­gen zu sich selbst: „Das bringt mir ir­gend­wie nichts mehr. Eigentlich möch­te ich woan­ders sein. Eigentlich wür­de ich lie­ber zuhause schla­fen. Die Leu­te, mit de­nen ich re­den will, sind nicht da.“ Was auch im­mer. Die Par­ty er­zeugt nicht das In­ter­es­se, dass sie brau­chen. Und dann pas­siert et­was wirk­lich Be­mer­kens­wer­tes: Sie verlas­sen die Par­ty nicht. Sie ha­ben ei­ne Ent­schei­dung ge­trof­fen: „Ich will das nicht.“ Wenn sie in ei­nem Bü­cher­la­den wä­ren und zu sich sel­ber sa­gen: „Ich bin fer­tig“, dann ge­hen sie raus. Wenn sie in ei­nem Ca­fé wä­ren und zu sich sel­ber sa­gen: „Das ist lang­wei­lig“, dann ge­hen sie raus.

Sie be­fin­den sich auf ei­ner Par­ty, sie sa­gen sich: „Ich will das nicht, ich möch­te nicht hier sein.“ Und dann verlas­sen Sie die Par­ty nicht. Die­se Art des so­zia­len Zu­sam­menhalts ist das, wor­über Bi­on re­det.

Und dann pas­siert wie­der et­was Be­mer­kens­wer­tes. Zwanzig Mi­nu­ten spä­ter steht ei­ne Per­son auf und holt sich ih­ren Man­tel, und was pas­siert ? Plötz­lich ho­len sich al­le gleich­zei­tig ih­ren Man­tel. Und das be­deu­tet, dass je­der für sich ent­schieden hat, dass die Par­ty nichts für ihn/sie ist. Nie­mand han­delte dementspre­chend, bis schließ­lich das erlö­sende Er­eig­nis ein­trat, wel­ches die Span­nung aus der Grup­pe nahm und je­dem er­laub­te, sich oh­ne Ge­wis­sens­bis­se zu ent­fer­nen.

Die­ser Ef­fekt ist so vor­hersehbar dass man es als Grup­pen­pa­ra­do­xon be­zeich­net hat. Es ist klar, dass es kei­ne Grup­pe oh­ne Mit­glieder ge­ben kann. Aber was we­niger of­fensichtlich ist, dass es kei­ne Mit­glieder oh­ne Grup­pe gibt. Von was wä­re man denn Mit­glied ?

Es gibt al­so die­sen sehr kom­pli­zier­ten Au­genblick, wenn ei­ne Grup­pe zu­sam­men­kommt; wenn ge­nug In­di­vi­du­en, aus wel­chem Grund auch im­mer, ent­schei­den, dass et­was Wert­vol­les im Entste­hen be­grif­fen ist und sich in die­sem Au­genblick ent­schei­den: Das ist gut und muss be­schützt wer­den. Und in die­sem Mo­ment, selbst wenn es sich un­be­wusst ab­spielt, be­gin­nen sich Grup­penef­fek­te zu bil­den. Und die­se Ef­fek­te kom­men im­mer und im­mer wie­der in Netz­ge­mein­den zum Vor­schein.

Jetzt ent­schied sich Bi­on, dass das, was er mit den Neu­ro­ti­kern er­lebt hat­te, die Grup­pe war, die sich ge­gen sei­ne Be­mü­hun­gen auf­lehn­te, sie da­hin zu brin­gen, wo­hin die Grup­pe hin soll­te. Die Grup­pe war zur Bes­serung zu­sam­mengekom­men, die Mit­glieder woll­ten zur The­ra­pie, um sich zu bes­sern. Aber die Mit­glieder un­ter­gru­ben dies. Und er sag­te, dass es sehr ge­naue Mu­ster gab, die die Grup­pe ver­wen­de­te, um den vor­dergründigen Zweck ih­rer Zu­sam­menkunft zu sa­bo­tie­ren. Und er be­schrieb drei Mu­ster.

Das er­ste Mu­ster ist of­fen­her­zi­ges Her­um­flir­ten, was er in sei­ner Wort­wahl aus der Mit­te des vor­herigen Jahrhun­derts als „Ei­ne Grup­pe, die sich zum Paarbil­den trifft“ be­schreibt. Und das meint, dass die Grup­pe sich ei­nen Raum für an­züg­li­ches und an­spie­len­des Ver­hal­ten und den emo­tio­nalen Aus­tausch von Ge­füh­len ein­räumt.

Sie ge­hen ins IRC, schau­en sich die Li­ste der Ka­nä­le an und sa­gen sich: „Oh, ich weiß, war­um es sich bei die­ser Grup­pe han­delt, weil ich den Na­men des Ka­nals le­sen kann.“ Und man geht in die Grup­pe und fin­det prak­tisch oh­ne Aus­nah­me her­aus, dass auch her­um­ge­flir­tet wird. Nicht un­be­dingt öf­fent­lich. Aber es ist nach Bi­on im­mer in un­mit­tel­barer Reich­wei­te bei mensch­li­chen Ge­sprä­chen. Es ist eins der Grundmu­ster, die ei­ner Grup­pe den Aus­weg aus der ei­gent­li­chen Zweck­be­stim­mung der Grup­pe zu ei­nem Grund­be­dürf­nis er­mög­licht.

Das zwei­te Mu­ster, das Bi­on iden­ti­fi­ziert hat, ist das Erken­nen und Verdammen von äu­ße­ren Fein­den. Das ist ein äu­ßerst häu­figes Mu­ster. Je­der, der sich im Dunst­kreis der Open-Sour­ce Be­we­gung Mit­te der neun­zi­ger Jah­re be­wegt hat, konn­te dies stän­dig be­ob­ach­ten. Wenn man sich für Li­nux auf dem Desk­top en­ga­giert hat, gab es ei­ne rie­si­ge Li­ste von Tick­ets zu be­ar­bei­ten. Aber man konn­te auch im­mer ei­ne Un­ter­hal­tung über Mi­cro­soft und Bill Ga­tes an­fan­gen. Und die Leu­te wur­den da­bei so wü­tend wie ein Bär mit wun­dem Arsch.

Wenn man et­was bes­ser ma­chen will, gibt es ei­ne Li­ste von Din­gen, die man ma­chen kann. Es ist Open Sour­ce, rich­tig ? Mach es ein­fach rich­tig. „Nein, nein, Mi­cro­soft und Bill Ga­tes grrrrrrrr…“, und der Mund fängt an zu schäu­men. Der äu­ße­re Feind – nichts kann ei­ne Grup­pe so wach­rüt­teln wie ein äu­ße­rer Feind.

Selbst wenn je­mand nicht wirk­lich ein Feind ist; die­sen als Feind zu iden­ti­fi­zie­ren kann ein an­ge­neh­mes Ge­fühl des Grup­penzu­sam­menhal­tes er­zeu­gen. Und Grup­pen nei­gen da­zu, sich ge­ra­de den Mit­gliedern, die am miss­trau­ischs­ten sind, zu­zu­wen­den und die­se als Grup­penführer zu er­nen­nen, weil ge­ra­de die­se die­je­ni­gen sind, die äu­ße­re Fein­de am leich­te­sten erken­nen kön­nen.

Das drit­te Mu­ster, was Bi­on fand, ist das der re­li­giö­sen Ver­eh­rung: Die Hei­lig­spre­chung und die Ver­eh­rung ei­nes re­li­giö­sen Ge­gen­stan­des oder ein Satz von re­li­giö­sen Grund­sät­zen. Das re­li­giö­se Mu­ster ist, im Grun­de ge­sagt, das wir et­was in den Sta­tus des Nicht­an­greif­ba­ren er­he­ben. Man kann die­ses Mu­ster je­den Tag im In­ter­net erken­nen. Ge­hen Sie in ei­ne Tol­ki­en Newsgrup­pe oder Dis­kus­si­onsfo­rum and sa­gen sie: „Ihr wisst, die zwei Tür­me sind ein we­nig ein­tö­nig. Ich mei­ne, laaang. Wir brau­chen kei­ne so lan­ge Be­schrei­bung des Wal­des, er ist ja prak­tisch die gan­ze Zeit im­mer der­sel­be.“

Ver­suchen Sie, ei­ne sol­che Dis­kus­si­on zu füh­ren. Auf der Ein­gangs­tür der Grup­pe steht: „Der Zweck der Grup­pe ist die Dis­kus­si­on von Tol­ki­en's Werken.“ Ge­hen Sie rein und ver­suchen Sie, die­se Dis­kus­si­on zu füh­ren.

Nun, an man­chen Or­ten wer­den die Leu­te mit: „Ja, aber es war not­wen­dig, um die Stim­mung der Abgeschla­genheit herüberzubrin­gen.“ antwor­ten oder so was in der Art. Aber in den al­lermei­sten Fällen wird man Sie mit Flü­chen hin­aus­ja­gen, weil sie am hei­li­gen Text her­ummäkeln.

Das sind die mensch­li­chen Mu­ster, die im In­ter­net auf­tre­ten, nicht we­gen der Soft­ware, son­dern weil es bei Men­schen auf­tritt. Bi­on hat her­ausge­fun­den, dass die­se Ba­sisbedürfnisse den ei­gent­li­chen Da­seins­zweck der Grup­pe un­ter­gra­ben kön­nen. Und, nach­dem er die­se Span­nungen hin­rei­chend un­ter­sucht hat, kam er zu dem Er­geb­nis, dass ei­ne Grup­pen­struk­tur not­wen­dig ist. Ro­bert's Ru­les of Or­der[5] sind not­wen­dig. Ei­ne Kon­sti­tu­ti­on ist not­wen­dig. Nor­men, Ri­tua­le, Ge­setze, so dass wir um das Uni­ver­sum der mög­lichen Ver­hal­tens­wei­sen nur ei­nen klei­nen Kreis der ak­zep­ta­blen Ver­hal­tens­wei­sen dul­den.

Er sag­te, die Grup­pen­struk­tur ist not­wen­dig, um die Grup­pe ge­gen sich selbst ver­tei­di­gen zu kön­nen. Die Grup­pen­struk­tur exi­stiert, um die Grup­pe auf ihr Ziel, ih­ren Pfad, ih­re Mis­si­on, ih­re Auf­ga­be, was auch im­mer, hal­ten zu kön­nen. Um die Grup­pe auf ihr ei­ge­nes ge­wähl­tes Ziel zu hal­ten und die Grup­pe vom Abrutschen in die Grund­be­dürf­nis­se zu hin­dern. Die Grup­pen­struk­tur ver­tei­digt die Grup­pe ge­gen die Hand­lun­gen ih­rer Mit­glieder.

In den Siebzigern - ein Mu­ster, das im Netz im­mer und im­mer wie­der auf­taucht - wur­de ein elek­tro­ni­sches Schwarzes Brett mit dem Na­men Com­mu­ni­tree ge­star­tet, ei­nes der er­sten Boards, die mit dem Mo­dem ver­bun­den wur­den. Das war zu ei­nem Zeit­punkt, als nur In­sti­tu­tio­nen und kei­ne Leu­te Com­pu­ter hat­ten.

Com­mu­ni­tree wur­de auf dem Grund­sät­zen des of­fe­nen Zu­gangs und des frei­en Dia­loges ge­schaf­fen. „Com­mu­ni­tree“ – der Na­me al­lein sagt schon „Ka­li­for­ni­en in den Siebzigern.“ Und die Auf­fas­sung war, dass, wenn man Struk­tur ab­wirft, neue und wun­der­schö­ne Mu­ster entste­hen wer­den.

Und, tat­säch­lich, wie je­der, der Dis­kus­si­ons­soft­wa­re da­zu be­nutzt hat, um vor­her un­ver­bun­de­ne Leu­te zu­sam­men zu brin­gen, be­stä­ti­gen kann, pas­siert ge­nau das. Un­glaub­liche Din­ge passieren. Die frü­hen Jah­re des Echo, die frü­hen Jah­re des Use­nets, die frü­hen Jah­re des Lu­cas­films Ha­bi­tat[6], im­mer und im­mer wie­der sah man die­sen un­glaub­lichen Auf­trieb bei Leu­ten, die vor­her kei­ne Be­zie­hung hat­ten und zu­sam­men­ge­führt wur­den.

Und dann, wäh­rend die Zeit ver­geht, tre­ten Schwie­rigkeiten auf. In die­sem Fall wur­de ei­nes der Schwie­rigkeiten da­durch ver­an­lasst, dass ei­ne der mit Mo­dems aus­ge­stat­te­ten In­sti­tu­tio­nen ei­ne High School war. Und na­tür­lich hin­gen die Jungs der High School 1978 in den Com­pu­terräumen und de­ren Mo­dems her­um. Und die Jungs wa­ren nicht in­ter­es­siert an kul­ti­vier­ten Er­wach­se­nen­ge­re­de. Sie woll­ten Zo­ten. Sie woll­ten an­züg­lich re­den. Sie woll­ten Amok lau­fen und Flü­che und Ver­höh­nun­gen über das Schwarze Brett aus­schüt­ten.

Und die Erwachsenen, die Com­mu­ni­tree ge­grün­det hat, wa­ren ent­setzt und wur­den von den Stu­denten über­lau­fen. Der Ort, der auf frei­en Zu­griff ge­grün­det wor­den war, war zu frei zu­gäng­lich und zu of­fen. Sie konn­ten sich nicht selbst ge­gen die ei­ge­nen Be­nut­zer ver­tei­di­gen. Der Ort, der auf dem frei­en Dia­log ge­grün­det wor­den war, war zu frei. Sie hat­ten kei­ne Mög­lichkeit zu sa­gen: „— Nein, das ist nicht die Art frei­er Mei­nungs­äu­ße­rung, die wir ge­meint ha­ben.“

Aber das war ei­ne Not­wen­digkeit. Um sich ge­gen die Vereinnahme zu ver­tei­di­gen, hät­ten sie die­ses ha­ben müs­sen was sie nicht hat­ten, und als Re­sul­tat wur­de das Schwarze Brett auf­ge­ge­ben.

Nun kann man sich fra­gen, ob die Un­fä­higkeit der Grün­der, sich ge­gen die­sen An­griff weh­ren zu kön­nen, ein tech­ni­sches oder ein so­zia­les Pro­blem war. Er­laub­te die Soft­ware nicht, das Pro­blem zu lö­sen ? Oder war es die so­zia­len Überzeugungen der Grün­der­grup­pe, die es ein­fach nicht fer­tig brach­ten, Zen­sur in ihr Sy­stem ein­zu­fü­gen um es zu schüt­zen ? Aber um es kurz zu sa­gen, es spielt kei­ne Rol­le weil tech­ni­sche und so­zia­le Pro­ble­me tief zu­sam­men­hän­gen. Es gibt kei­nen Weg, die­se vollkom­men ge­trennt zu be­han­deln.

Was wirk­lich ei­ne Rol­le spielt ist, dass ei­ne Grup­pe das Sy­stem ent­wor­fen hat und un­fä­hig war, es in dem von ih­nen ent­wor­fe­nen Kon­text, der teil­wei­se tech­nisch und teil­wei­se sozial war, von ei­nem der­ar­ti­gen in­ne­ren An­griff zu schüt­zen. Und es war ein in­ne­rer An­griff. Com­mu­ni­tree wur­de nicht von je­mandem be­en­det, der den Ser­ver zum Ab­sturz bringt oder dar­in her­umhackt. Es wur­de be­en­det von Leu­ten, die sich ein­log­gen und sen­den konn­ten, al­so ge­nau das, wo­für das Sy­stem aus­ge­legt war. Die tech­no­lo­gi­sche Her­an­ge­hens­wei­se des nor­ma­len Be­nut­zers und des An­grei­fers war vom Sy­stem iden­tisch, es gab al­so schlicht­weg kei­ne Mög­lichkeit. Ei­ni­ge der Be­nut­zer woll­ten, dass das Sy­stem fortbe­steht und ein Fo­rum für Dis­kus­si­onen bie­tet. Und die an­de­ren Be­nut­zer, die High School Jungs, scher­ten sich nicht dar­um oder sa­bo­tier­ten ak­tiv. Und das Sy­stem war nicht da­für aus­ge­legt, die er­sten vor den letz­ten zu schüt­zen.

Die­se Ge­schich­te ist oft ge­schrie­ben wor­den. Es ist wirk­lich fru­strie­rend zu se­hen, wie häu­fig es ge­schrie­ben wur­de. Man hofft, dass je­mand an irgendei­nem Punkt den Ver­lauf auf­schreibt, und das pas­siert so­gar oft, aber wenn es aufge­schrie­ben wird, liest es nie­mand.

Die net­te­ste Art, die­ses sich wie­derho­lende Mu­ster zu be­zeich­nen, ist „Ler­nen aus Er­fah­rung.“ Aber von Er­fah­rung ler­nen ist die schlimm­ste Art, et­was zu ler­nen, es ist ei­ne Stu­fe hö­her als das Er­in­nern. Das ist nicht schön. Der be­ste Weg, et­was zu ler­nen, ist es, wenn je­mand es her­ausge­fun­den hat und ei­nen warnt: „Ge­he nicht in den Sumpf. Es gibt dort Al­li­ga­to­ren.“

Aus Er­fah­rung über Al­li­ga­to­ren zu ler­nen ist im Ver­gleich zu der Er­fah­rung vom Le­sen er­bärm­lich. Leider hat man in die­sem Ge­biet nicht viel vom Le­sen ge­lernt. Und so kam es, dass die Lek­tio­nen aus dem Lu­cas­film Ha­bi­tat, das 1990 ge­schrie­ben wur­de, sich den Be­schrei­bungen von Ro­se Stone aus dem Com­mu­ni­tree 1978 frap­pie­rend äh­neln.

Das Mu­ster pas­siert wie­der und wie­der und wie­der. Je­mand baut ein Sy­stem und setzt da­für be­stimm­te Be­nut­zer vor­aus. Die Be­nut­zer ka­men und zeig­ten ein an­de­res Ver­hal­ten. Und die Leu­te, die das Sy­stem am Lau­fen hal­ten, stel­len ent­setzt fest, dass tech­no­lo­gi­sche und so­zia­le Pro­ble­me nicht ent­kop­pelt wer­den kön­nen.

Es gibt ein her­ausragendes Do­ku­ment „Lamb­da­MOO Ta­kes a New Di­rec­ti­on“, das von den Ad­mi­ni­stra­to­ren des Lamb­da­MOO han­delt. Lamb­da­MOO war das Ex­pe­ri­ment von Pa­vel Cur­tis, der in Xe­rox PARC ein Multiuser-Rol­lenspiel auf­setz­te. Und ei­nes Ta­ges sag­ten die Ad­mi­ni­stra­to­ren von Lamb­da­MOO: „Wir ha­ben das Sy­stem auf­ge­setzt und am Lau­fen und es gibt die­se in­ter­es­san­ten so­zia­len Vor­komm­nis­se. Von nun an sind wir nur für die tech­no­lo­gi­schen Pro­ble­me ver­ant­wort­lich, wir küm­mern uns nicht um das So­zia­le.“

Und dann, et­wa 18 Mo­na­te spä­ter – ich weiß die ge­naue Zeit nicht mehr – ka­men sie zu­rück. Die Ad­mi­ni­stra­to­ren ka­men ex­trem gries­grä­mig zu­rück. Und sie sag­ten: „Was wir von euch jam­mern­den Be­nut­zern ge­lernt ha­ben, ist, dass wir nicht das tun kön­nen, was wir tun woll­ten. Wir kön­nen die tech­ni­schen As­pekte ei­ner vir­tu­el­len Welt nicht von de­ren so­zia­len As­pekten tren­nen.“

„Al­so sind wir zu­rück, und wir neh­men die Ge­bo­te von uns zu­rück und wir wer­den Din­ge tun, um das Sy­stem am Lau­fen zu hal­ten. Wir set­zen uns ab so­fort als Re­gie­rung ein, weil die­ser Ort hier ei­ne Re­gie­rung braucht, um nicht auseinanderzufal­len.“

Leu­te, die an so­zia­ler Soft­ware ar­bei­ten, ste­hen gei­stig nä­her zu Wirt­schafts­- und Po­li­tik­wis­sen­schaft­lern als Leu­te, die Com­pi­ler pro­gram­mie­ren. Beides sieht wie Pro­gram­mie­rung aus, aber es ist ei­ne kom­plett an­de­re Ge­schich­te, wenn man mit Grup­pen als Lauf­zeit­phä­no­men zu tun hat. Im po­li­ti­schen Be­reich spricht man bei die­ser Art Kri­sen von ei­ner Ver­fas­sungskri­se. Es pas­siert dann, wenn die Span­nung zwi­schen In­di­vi­du­en und der Grup­pe so­wie de­ren Rechten und Pflich­ten zu­ein­an­der so groß gewor­den ist, dass et­was ge­tan wer­den muss. Und weil es nicht ein­fach nur um „Wir brau­chen ein paar Regeln“ geht, ist die schlimm­ste Kri­se die er­ste Kri­se. Es geht nämlich auch um „Wir brau­chen ein paar Regeln, um wei­tere Regeln auf­zu­stel­len.“ Und das ist ge­nau das, was wir im­mer wie­der in gro­ßen und lang­le­bi­gen Sy­ste­men von so­zia­ler Soft­ware be­ob­ach­ten. Ei­ne Ver­fas­sung ist ein not­wen­diger Be­standteil von gro­ßen, lang­le­bi­gen und un­ter­schied­lich zu­sam­menge­setz­ten Grup­pen. Geoff Co­hen hat ei­ne be­mer­kens­wer­te Be­ob­ach­tung ge­macht. Er sag­te: „Die Wahr­schein­lich­keit, dass ei­ne un­mo­de­rier­te Grup­pe ir­gend­wann in ei­nen hit­zi­gen Streit dar­über ge­rät, ob ein Mo­de­ra­tor be­nö­tigt wird, nimmt mit der Zeit zu.“ Wenn ei­ne Grup­pe ih­re Exi­stenz als ge­ge­ben vor­aus­setzt und der Mei­nung ist, dass die Grup­pe kost­bar und wich­tig gewor­den ist, dann wächst die Wahr­schein­lich­keit, dass sie wei­tere Struk­tu­ren zur in­ter­nen Ver­tei­di­gung ein­füh­ren will, sehr stark an.

Zwei­ter Teil: War­um jetzt ?

Wenn die­se Vor­komm­nis­se, von de­nen ich ge­sagt ha­be dass sie so häu­fig vorkom­men, häu­fig vorkom­men und auf­ge­zeich­net wor­den sind und wir psy­cho­lo­gi­sche Li­te­ra­tur dar­über ha­ben, die dem Zeit­al­ter des In­ter­nets vor­aus­geht…was pas­siert ge­ra­de, was die­ses jetzt so wich­tig macht ?

Ich kann nicht ge­nau sa­gen war­um, aber rein von der Be­ob­ach­tung her fin­det ei­ne Re­vo­lu­ti­on in so­zia­ler Soft­ware statt. Die An­zahl der Leu­te, die Soft­ware zur Un­ter­stüt­zung oder Verbes­serung der Zu­sam­men­ar­beit von Grup­pen er­stel­len, ist er­staun­lich.

Das Web hat uns für ei­nen Zeit­raum von sechs bis acht Jah­ren zu Rie­sen ge­macht. Es be­steht aus un­ab­hän­gi­gen Tei­len, es be­sitzt kei­nen fe­sten In­halt, es wuchs über al­le Gren­zen und je­der frag­te sich Wie-groß-kann-man-wer­den: „Wie­vie­le Be­nut­zer hat Ya­hoo ? Wie vie­le Kun­den hat Ama­zon ? Wie vie­le Le­ser hat MS­NBC ?“ Und die Ant­wort dar­auf könn­te sein: „Wirk­lich ziem­lich groß !“ Aber es konn­ten nur wirk­lich vie­le wer­den, weil kei­ne Not­wen­digkeit be­stand, dass MS­NBC al­len Le­sern ant­wortet oder MS­NBC den Le­sern er­laubt, mit­ein­an­der in Kon­takt zu tre­ten.

Der Nach­teil des­sen, das man Grö­ße und Um­fang über al­les setzt, ist, dass das dich­te Netz der Ver­stän­di­gung und Zu­sam­men­ar­beit bei Grup­pen ein­fach nicht über ei­ne Ma­xi­malgrö­ße hinaus­geht. Klein sein ist ein Unterschied – klei­ne Grup­pen kön­nen sich auf ei­ne Weise ver­stän­di­gen die bei gro­ßen Grup­pen ein­fach nicht mög­lich ist. Und so sind wir an dem in­ter­es­san­ten Be­reich klei­ner Grup­pen vor­bei­ge­rauscht. Grö­ßer als ein Dut­zend, klei­ner als meh­re­re Hun­dert, wo Leu­te ei­ne Form der Kom­mu­ni­ka­ti­on ver­wen­den kön­nen, die nicht mehr of­fensteht, wenn man über den Be­reich von Zehntausen­den oder Mil­li­onen von Be­nut­zern re­det.

Mailingli­sten und Schwarze Bret­ter gab es schon sehr lan­ge, vor kur­zem sind In­stant Mes­sen­ger und Chat auf­ge­taucht, all die­se Kom­mu­ni­ka­ti­onsmu­ster gab es be­reits. Und plötz­lich tau­chen neue Din­ge auf. Wir ha­ben jetzt Blogs und Wi­kis, und was ich für noch wich­ti­ger er­ach­te, ei­ge­ne Kom­mu­ni­ka­ti­onsplatt­for­men. Wir bekom­men RSS, wir bekom­men ge­mein­sam ge­nutz­te Flash-Ob­jek­te. Wir bekom­men Mög­lichkeiten, et­was sehr schnell auf be­reits be­ste­hende und für selbst­ver­ständ­lich an­ge­nom­me­ne In­fra­struk­tu­ren auf­zu­bau­en.

Ich sprach mit Ste­wart But­ter­field über die Chat­app, die sie ge­ra­de aus­pro­bie­ren. Ich frag­te: „He, wie funk­tio­niert das ?“ Er ant­wor­te­te: „Na ja, wir hat­ten die Idee vor et­wa zwei Wo­chen. Das ist der Start.“ Wenn man von „He, ich ha­be ei­ne Idee“ zu „Lasst uns das jetzt vor meh­re­ren hun­dert Geeks star­ten und se­hen, wo­hin das führt“ hinkom­men kann, dann liegt die Schluss­fol­ge­rung na­he, dass Platt­for­men vor­han­den sind, die Leu­te sehr schnell sehr in­ter­es­san­te Din­ge ma­chen lässt. Es ist nicht so, dass man et­was Ähn­li­ches nicht ein paar Jah­re frü­her hät­te ma­chen kön­nen, aber die Kosten wä­ren we­sent­lich hö­her ge­we­sen. Und wenn der Preis fällt, passieren in­ter­es­san­te neue Din­ge.

Die er­ste Ant­wort auf „War­um jetzt ?“ ist al­so „Weil die Zeit reif ist.“ Ich kann nicht sa­gen, war­um es so lan­ge ge­dau­ert hat, bis Blogs auf­tauch­ten, aber ich kann sa­gen, dass es nicht von der Tech­no­lo­gie ab­hing. Wir hat­ten die kom­plette Tech­no­lo­gie für Blogs ab dem Tag, als Mo­sa­ic den er­sten Brow­ser, der Ge­stal­tung un­ter­stütz­te, auf den Markt brach­te. Je­des ein­zel­ne Teil da­von war vor­han­den. Stattdes­sen be­ka­men wir Geo­ci­ties. War­um be­ka­men wir Geo­ci­ties und kei­ne Blogs ? Wir wuss­ten nicht, was wir ta­ten.

Das ei­ne war ei­ne schlech­te Idee, die an­de­re stell­te sich als wirk­lich gu­te Idee her­aus. Es dau­erte län­gere Zeit, bis man her­ausfand, dass die Mög­lichkeit, meh­re­re Leu­te mit­ein­an­der re­den zu las­sen an­statt ver­wack­el­te Kat­zen­fo­tos hoch­zu­la­den, ei­ne brauch­ba­re Idee ist.

Wir be­ka­men das Blog­mus­ter un­ge­fähr '96 mit Drud­ge[7]. Wir be­ka­men Blog­platt­for­men un­ge­fähr '98. Die Idee hob 2000 wirk­lich ab. Letz­tes Jahr hat je­der ver­stan­den: Oh Gott, das wird ein wirk­licher Trend, und es än­dert al­les.

Der Mo­ment, an dem mir schwumm­rig wur­de, war, als Phil Gy­ford das Pe­pys Blog star­te­te, Sa­mu­el Pepy's Ta­gebücher aus 1660 in Blog­form mit ei­nem neu­en Ein­trag pro Tag. Das sag­te mir: Phil setz­te vor­aus, was ich jetzt auch glau­be, dass Blogs min­de­stens für 10 Jah­re da sein wer­den, weil das die Dau­er von Pe­pys Ta­gebuch um­fasst. Und das war der Mo­ment, den man in die Zu­kunft pro­ji­ziert: Das ist jetzt In­fra­struk­tur, die wir als ge­ge­ben an­neh­men.

War­um gab es die­se 8-Jah­res-Lücke zwi­schen ei­nem Brow­ser, der Ge­stal­tung un­ter­stützt, und dem Pe­pys Ta­gebuch ? Ich weiß es nicht. Es dau­ert ein­fach ei­ne Zeit, bis sich Leu­te an ei­ne neue Idee ge­wöh­nen.

Al­so, als er­stes, ist es nur ei­ne teil­wei­se Re­vo­lu­ti­on, weil es ei­ne Re­vo­lu­ti­on ist. Wir ha­ben die Ide­en ver­in­ner­licht und Leu­te ar­bei­ten jetzt da­mit. Zwei­tens sind jetzt die Din­ge, die Leu­te bau­en, im In­ter­net hei­misch.

Als man so­zia­le Soft­ware im Web wäh­rend Mit­te der Neun­zi­ger Jah­re be­kam, war das mei­ste: „Dies ist das gro­ße Lo­tus Schlacht­schiff, nun mit der fe­der­leich­ten Be­nut­zer­ober­flä­che des Webs !“ Es fühl­te sich nie wie das Web an. Es fühl­te sich an wie das Schwer­ge­wicht mit ein biss­chen, sie wis­sen schon, „Hier sind ein paar Schalt­flä­chen. Bitte schau­en Sie nicht hin­ter den Vor­hang.“

Ein Blog ist hei­misch im Web. Es baut al­les auf dem Web auf. Ein Wi­ki ist ei­ne na­tür­liche Art des Webs zur ge­mein­samen Bear­beitung. Es ist leichtgewich­tig, es be­steht aus un­ab­hän­gi­gen Tei­len, es ist leicht er­wei­ter­bar, es ist leicht in Be­standteile zu zer­le­gen. Und es ist nicht nur die Ober­flä­che, wie, ja, man kann jetzt auch Din­ge in ei­nem For­mu­lar er­le­di­gen. Es nimmt HTTP als Stan­dard­trans­port­pro­to­koll. Es nimmt Aus­zeich­nun­gen im Quell­text an. RSS ist ein na­tür­liches Ver­fah­ren, Din­ge aus dem Web in ei­nem Pa­ket zu­sam­men­zu­fas­sen und ab­ruf­bar zu ma­chen. Wir neh­men al­le die­se Werk­zeu­ge und erwei­tern sie auf ei­ne Art, die uns neue Din­ge sehr schnell ma­chen lässt.

Drit­tens, kön­nen wir jetzt das Klei­ne-Din­ge-Lose-Zu­sam­men­hän­gend Mu­ster, das wie in Da­vid Weinberger's tref­fen­de Flos­kel be­schreibt, im­ple­men­tie­ren. Es ist wirk­lich loh­nend, sich anzuschau­en, was Joi Ito mit sei­ner Emer­gent De­mo­cra­cy („Aufstrebende De­mo­kra­tie“) Be­we­gung an­stellt, selbst wenn man nicht an den The­men ei­ner auf­stre­ben­den De­mo­kra­tie in­ter­es­siert ist. Es be­gann wäh­rend ei­ner Un­ter­hal­tung und Ito sprach: „Ich bin fru­striert. Ich sit­ze hier in Ja­pan, und ich weiß, dass all die Leu­te sich in Echt­zeit un­ter­ein­an­der un­ter­hal­ten. Ich möch­te auch ei­ne Un­ter­hal­tung in Ge­sell­schaft ha­ben. Ich fan­ge ei­ne Kon­fe­renz­schal­tung an.“

„Weil aber Kon­fe­renz­schal­tun­gen für sich selbst so ab­grund­tief schlecht sind, brin­ge ich ein Chat mit ein.“ Und dann, wäh­rend des er­sten Mee­tings, ich glau­be, es war Pe­te Ka­min­ski, sag­te je­mand: „Ach üb­ri­gens, ich ha­be auch noch ein Wi­ki auf­ge­setzt, und hier ist die URL.“ Und er schrieb es im Chat. Und Leu­te konn­ten sich Rand­no­ti­zen ma­chen. Leu­te konn­ten Le­se­zei­chen set­zen, hier sind die Li­sten.

So hat­ten wir plötz­lich die­ses Mee­ting, dass gleich­zei­tig auf drei ver­schie­de­ne Ar­ten statt­fand, zwei in Echt­zeit und ei­ne durch Er­läu­te­run­gen. So lief die Kon­fe­renz­schal­tung und sie wis­sen ja, wie Kon­fe­renz­schal­tun­gen nor­ma­ler­wei­se ab­lau­fen. Entwe­der gibt es ein oder zwei do­mi­nie­ren­de Teil­neh­mer oder je­der un­ter­bricht den an­de­ren: „Oh, kann ich — “„— Nein, aber — .“

Es ist sehr schwie­rig, ei­ne Kon­fe­renz­schal­tung zu koordinie­ren, weil Leu­te den an­de­ren nicht se­hen kön­nen und da­mit nicht wis­sen, wie und wann man un­ter­bre­chen kann. In Joi's Kon­fe­renz­schal­tung be­weg­te sich der Fluss der Un­ter­bre­chung zum Chat­room. Die Leu­te tipp­ten: „Hand“ und der Mo­de­ra­tor lei­tet das Ge­spräch mit „Du bist der näch­ste“ wei­ter. Die Kon­fe­renz­schal­tung lief wie ge­schmiert ab.

Wäh­renddes­sen mach­ten Leu­te Rand­be­mer­kun­gen zu dem, was an­de­re Leu­ten sag­ten, im Chat. „Ach, das er­in­nert mich an XYZ's Ar­beit.“ Oder „Sie soll­ten sich die­se URL an­schau­en…ach­ten sie mal auf die­se ISBN Num­mer.“ In ei­ner Kon­fe­renz­schal­tung muss man ei­ne URL vorle­sen — „— Nein, nein, es ist We We We Punkt Strich…“ In ei­nem Chat be­kommt man es gleich an­ge­zeigt und kann dar­auf klick­en. Man kann auch so­wohl in der Kon­fe­renz­schal­tung als auch im Chat auf das Wi­ki ver­wei­sen.

Dies war ein Breitbandkon­fe­renz­schal­tung, aber das war jetzt nicht das Ausschlagge­bende. Es wa­ren nur drei klei­ne Soft­warebaustei­ne, die ne­ben­ein­an­der be­nutzt wur­den und durch so­zia­len Kleb­stoff zu­sam­men­ge­hal­ten wur­den. Das ist ei­ne un­glaub­lich durchschla­gende Vor­la­ge. Es ist kom­plett an­ders als: Lasst uns den Lo­tus Blob neh­men und ei­ne Webbe­nut­zer­ober­flä­che hin­zu­fü­gen.

Und letzt­lich, und das ist das, was wirk­lich um­wer­fend ist, ist die All­ge­gen­wär­tig­keit. Das Web ist lan­ge, lan­ge Zeit ge­wach­sen. Und so hat­ten ein paar Leu­te Webzu­griff, dann hat­ten vie­le Leu­te Webzu­griff und dann ha­ben die mei­sten Leu­te Webzu­griff.

Aber et­was an­de­res pas­siert jetzt. In vie­len Si­tua­ti­onen ha­ben al­le Leu­te Webzu­griff. Und „al­le“ ist et­was an­de­res als „die mei­sten.“ „Al­le“ heißt, dass Leu­te et­was für ge­ge­ben an­neh­men.

Das In­ter­net ist jetzt nicht über­all ver­füg­bar. Es ist nicht mal über­all in den In­du­strie­län­dern. Aber für ei­ni­ge Leu­te – Stu­denten, Ar­beiter in High-Tech Bü­ros, Ar­beiter in datenba­sier­ten Beru­fen – al­le, mit de­nen sie ar­bei­ten, sind on­line. Al­le ih­re Freun­de sind on­line. Je­der in ih­rer Fa­mi­lie ist on­line.

Und die­se All­ge­gen­wart sorgt da­für, dass Leu­te dies für selbst­ver­ständ­lich hal­ten. Bill Joy sag­te mal: „Mei­ne Me­tho­de ist es, auf et­was zu schau­en, was ei­ne gu­te Idee sein könn­te und es für wahr zu hal­ten.“ Wir be­gin­nen, Soft­ware zu se­hen, die schlicht an­nimmt, dass al­le Grup­pen, die nicht auf dem Netz ba­sie­ren, ei­ne Netz­kom­po­nen­te zu ha­ben.

Es ist nun mög­lich, dass je­des lose Grüpp­chen, von Pfad­fin­de­rin­nen ab auf­wärts, ei­ne leichtgewich­tige und leicht hand­hab­ba­re On­li­ne­kom­po­nen­te zu ha­ben. Und das ist was an­de­res als das al­te Mu­ster ei­ner „On­li­ne­ge­mein­schaft.“ Ich ha­be die­ses Bild von zwei Hula-Hoop, die al­te Hula-Hoop Welt, wo das reale Leben hier ist und das On­line Leben dort und es kei­ne Über­schnei­dung gab. Wenn die Hula-Hoop im Ein­klang schwin­gen, und je­der so­wohl off­line als auch on­line ist, dann ist das mei­ner An­sicht nach ein ganz an­de­res Mo­dell.

Es gibt auch ein zwei­tes all­ge­gen­wär­ti­ges Et­was, und das ist das, was das Wi­fi er­mög­licht. Wenn man an­nimmt, dass so­bald ei­ne Grup­pe sich zu­sam­men­ge­fun­den hat, sie sich so­wohl ge­gen­über­sit­zen als auch on­line sind, dann wer­den an­de­re Din­ge er­mög­licht. Ich or­ga­ni­sie­re jetzt nur noch Mee­tings, bei de­nen entwe­der ein Chat oder ein Wi­ki vor­han­den sind. Drei Wo­chen vor­her gab es ein Mee­ting in der Kon­gressbi­blio­thek. Wir hat­ten ein von Social­text auf­ge­setz­tes Wi­ki mit ei­ner gro­ßen und re­la­tiv dich­ten In­for­ma­ti­ons­men­ge über die Lang­zeit­ar­chi­vie­rung di­gi­ta­ler In­hal­te.

Die Leu­te, die das Mee­ting or­ga­ni­siert ha­ben, hat­ten nie­mals zu­vor ein Wi­ki be­nutzt, und jetzt re­det die Kon­gressbi­blio­thek da­von, als ob sie von jetzt an im­mer ein Wi­ki zur Ver­fü­gung ha­ben wer­den – das Wi­ki ent­wick­el­te sich von neu­ar­tig zu selbst­ver­ständ­lich in­ner­halb we­niger Ta­ge.

Es ent­steht wirk­lich schnell die An­nah­me dass ei­ne Grup­pe et­was in der Art macht wie: „Oh, ich ha­be mei­ne Fo­li­en der Powerpoint-Prä­sen­ta­ti­on mit­ge­nom­men, ge­zeigt, und dann ins Wi­ki ge­packt. Ihr könnt sie jetzt di­rekt ha­ben.“ Es ent­wick­elt sich dar­aus ei­ne Art ge­mein­same Da­ten­samm­lung als Er­in­ne­rung für die Grup­pe. Das ist neu. Die­se Art der All­ge­gen­wär­tig­keit, dass je­der, der in ei­nem Raum ist auch gleich­zei­tig on­line sein kann, führt zu neu­ar­ti­gen Ver­hal­tens­wei­sen.

Drit­ter Teil: Was kön­nen wir für selbst­ver­ständ­lich an­neh­men ?

Wenn die­se An­nah­men stim­men, die ei­ne, dass Grup­pen selbst ihr schlimm­ster Feind sind, und zwei­tens, wir die­ses un­glaub­liche Wachs­tum so­zia­ler Soft­ware se­hen, was sol­len wir tun ? Gibt es ir­gend­et­was, was wir mit irgendei­ner Si­cher­heit über den Bau so­zia­ler Soft­ware sa­gen kön­nen, zu­min­dest für gro­ße und lang­le­bi­ge Grup­pen ?

Ich den­ke, ja. Et­wa vor 10 Jah­ren ha­be ich mei­ne Ar­beit an den Na­gel ge­hängt weil das Use­net so in­ter­es­sant war und ich mir dach­te: „Das wird rich­tig groß.“ Und ich schrieb ein Buch über die Netz­kul­tur zu je­ner Zeit: Use­net, the Well, Echo, IRC und so wei­ter. Es kam April '95 auf den Markt, ge­nau zu dem Zeit­punkt, als das Web sich über die Welt aus­brei­te­te. Aber es war mein ur­sprüng­li­ches In­ter­es­se und ich ha­be mich et­wa an­dert­halb Jah­re da­mit ziem­lich in­ten­siv da­mit be­schäf­tigt.

Da ist al­so die Frage: „Was be­nö­tigt man, da­mit ei­ne gro­ße, lang­le­bi­ge Grup­pe er­folgreich ist ?“ und ich kann dar­auf mit ei­ni­gem Vertrauen antwor­ten: „Es kommt dar­auf an.“ Ich hof­fe, in den näch­sten 10 Jah­ren der Ant­wort ein paar De­tails hin­zu­fü­gen zu kön­nen.

Aber ich kann zu­min­dest ein paar der not­wen­digen Din­ge mit­tei­len. Die Cal­vi­ni­sten hat­ten die Dok­trin der na­tür­lichen und der überna­tür­lichen Gna­de. Die na­tür­liche Gna­de war „Man muss al­le Din­ge in der nor­ma­len Welt rich­tig ma­chen, um in den Him­mel zu kom­men…“ und die überna­tür­liche Gna­de war „…und Gott muss Dich ak­zep­tie­ren.“ Und man wuss­te nie, ob man überna­tür­liche Gna­de be­saß oder nicht. Das war ihr Weg, um mit der Of­fen­ba­rung des Jo­han­nes zurechtzukom­men, die ei­ne obe­re Gren­ze der­je­ni­gen, die in den Him­mel kom­men, vor­sah.

So­zia­le Soft­ware ist ge­nauso. Man kann die glei­che Soft­ware in vie­len, vie­len Um­ge­bungen ein­set­zen. Manch­mal funk­tio­niert sie, manch­mal nicht. Es gibt al­so in ge­wis­ser Weise et­was Überna­tür­liches über die lau­fenden Er­fah­run­gen, die ei­ne Grup­pe mit der Soft­ware macht.

Die nor­ma­le Er­fah­rung so­zia­ler Soft­ware ist der Fehl­schlag. Wenn man die Ya­hoo-Grup­pen be­sucht und die An­zahl der Ein­schrei­bun­gen be­trach­tet, dann ist es ein Potenzge­setz. Es gibt ei­ne klei­ne Grup­pe von stark be­such­ten Grup­pen, ei­ni­ge et­was grö­ße­re Grup­pen mit et­was Ver­kehr und ein lan­ges, fla­ches An­häng­sel von Fehl­schlä­gen. Und die An­zahl der Fehl­schlä­ge ist im­mer mehr als die Hälf­te von der to­ta­len An­zahl von Mailingli­sten. Es gibt al­so kein Pa­tent­re­zept. Es gibt nichts, was man tun kann, um im­mer er­folgreich zu sein.

Es gibt je­doch et­wa ein hal­bes Dut­zend Din­ge, die ich in al­len er­folg­rei­chen Grup­pen und Ver­fas­sungen ange­trof­fen ha­be, die Soft­ware für gro­ße und lang­le­bi­ge Grup­pen ver­wen­det. Und ich wer­de die­se Li­ste in zwei Teile tei­len: die ei­ne Li­ste sagt, was man ak­zep­tie­ren muss, um ei­ne der­ar­ti­ge Soft­ware zu er­stel­len und die an­de­re sagt, was man als Ziel da­für im Au­ge be­hal­ten muss.

Drei Din­ge, die ak­zep­tiert wer­den müs­sen

1. Das er­ste, was man ak­zep­tie­ren muss, ist, dass man tech­no­lo­gi­sche und so­zia­le Pro­ble­me nicht tren­nen kann. Es gibt zwei ver­füh­re­ri­sche Vor­ge­hens­wei­sen: Ei­ne da­von will, dass tech­no­lo­gi­sche Pro­ble­me da hin gehö­ren und so­zia­le Pro­ble­me dort hin gehö­ren. Wir ha­ben ge­trennte Mailingli­sten mit un­ter­schied­li­chen Grup­pen, oder wir ha­ben ein Thread her und den an­de­ren dort. Das funk­tio­niert nicht. Das wur­de nie deut­li­cher ge­sagt in der Ak­te „Lamb­da­MOO Ta­kes a New Di­rec­ti­on.“ Ich kann nicht mehr tun als dar­auf hin­zu­wei­sen.

Aber wir hat­ten ge­nau die­se Er­fah­rung, wo es ei­ne Dis­kus­sions­li­ste der so­zia­len Soft­ware gab und ir­gend­je­mand vor­schlug: „He, ich weiß, laßt uns ei­ne zwei­te Li­ste für tech­ni­sche Pro­ble­me aufma­chen.“ Und nie­mand zog von der er­sten Li­ste um, weil nie­mand die Be­spre­chung zwi­schen so­zia­len und tech­ni­schen Pro­ble­men auf­spal­ten konn­te, weil die­se Be­spre­chung schlicht nicht auf­ge­spal­tet wer­den kann.

Die an­de­re Vor­ge­hens­wei­se ist sehr, sehr anzie­hend – je­der, der es sich an­schaut, hat die sel­be Ein­ge­bung, die da ist: „Oh mein Gott, die Soft­ware fin­det her­aus, was Leu­te ge­nau ma­chen !“ Und es stimmt mei­stens, bis zu ei­nem ge­wis­sen Punkt. Aber so­zia­le Pro­ble­me kön­nen eben nicht kom­plett pro­gram­miert wer­den. Man kann die bei­den Din­ge nicht auftei­len und man kann die so­zia­len Pro­ble­me nicht mit Tech­no­lo­gie erschla­gen. Die Grup­pe wird ih­re Rechte ir­gend­wie in An­spruch neh­men und man en­det mit die­sem Ge­misch tech­ni­scher und so­zia­ler Pro­ble­me.

Die Grup­pe ist real. Es wer­den unvor­hersehbare Din­ge passieren. Das kann nicht igno­riert wer­den und es kann nicht pro­gram­miert wer­den, das heißt, man wird mit ei­nem lau­fenden Pro­blem zu tun ha­ben. Und das be­ste Ver­fah­ren, oder zu­min­dest das­je­ni­ge, das mei­stens funk­tio­niert, ist es, die Grup­pe selbst de­fi­nie­ren zu las­sen, was für sie von Wert ist und ver­tei­digt wer­den soll, an­statt dar­über An­nah­men in der Soft­ware zu ma­chen.

2. Die zwei­te Sa­che, die ak­zep­tiert wer­den muss: Mit­glieder un­ter­schei­den sich von Be­nut­zern. Es wird so ab­lau­fen, dass es ei­ne Grup­pe von Be­nut­zern her­aus­kri­stal­li­siert, die sich stär­ker als die an­de­ren um die In­te­gri­tät und den Er­folg der Grup­pe küm­mert. Und die­se Leu­te wer­den die Kern­grup­pe bil­den, Art Klei­ner nann­te sie „die Grup­pe in­ner­halb der Grup­pe die am wich­tig­sten ist.“

Die Kern­grup­pe bei Com­mu­ni­tree be­saß kei­nen Unterschied zu den zu­fäl­li­gen Be­nut­zern die auf­schlugen. Sie wa­ren von­ein­an­der in ih­ren Auf­fas­sungen ge­trennt, weil sie wuss­ten, was sie woll­ten, aber nicht in der La­ge wa­ren, sich ge­gen die an­de­ren Be­nut­zer zu ver­tei­di­gen. In wirk­lich je­der er­folg­rei­chen On­li­ne­ge­mein­schaft, die ich be­sich­tigt ha­be, gab es ei­ne Kern­grup­pe, die sich um die Belan­ge küm­mert und die Grup­pe pflegt. Die Um­ge­bung wird ge­pflegt, um ein wei­teres ge­sun­des Wachs­tum zu er­lau­ben.

Nun, die Soft­ware er­laubt es oft der Kern­grup­pe nicht, sich als sol­che zu prä­sen­tie­ren, des­halb er­wäh­ne ich das, weil es ak­zep­tiert wer­den muss. Wenn es die Soft­ware der Kern­grup­pe nicht er­laubt, sich als sol­che dar­zu­stel­len, dann er­fin­det sie We­ge, um dies trotzdem zu tun.

Auf der alt. folklore. ur­ban (AFU), der Use­net­li­ste, die sich für ur­ba­ne Legenden im Use­net in­ter­es­siert, gab es ei­ne Grup­pe, die dort her­um­hing und sich schließ­lich befreun­deten. Und ir­gend­wann sorg­ten sie sich um die Zu­kunft von AFU, so dass sie ei­ne ei­ge­ne Mailingli­ste mit dem Na­men Old Hats aufmach­ten, da Use­net kein Unterschied zwi­schen Al­teingeses­senen und Neu­an­kömm­lin­gen macht. Die Mailingli­ste behan­delte Metapro­ble­me, Dis­kus­si­onen über AFU, so dass sie sich ge­mein­sam koordinie­ren konn­ten, wenn es not­wen­dig war, je­manden zu igno­rie­ren, zu be­schimp­fen oder zu trol­len.

Zu­satz, 2. Ju­li 2003: Ein al­teingeses­senes a. f. u. Mit­glied hat er­zählt, dass die Old Hat Li­ste er­stellt wur­de, um den im Si­li­con Val­ley le­ben­den Mit­gliedern ei­ne Mög­lichkeit zu ge­ben, an­de­re zum Bar­be­cue ein­zu­la­den und sich zu­sätz­lich zu den vir­tu­el­len Ge­sprä­chen un­ter­ein­an­der un­ter­hal­ten zu kön­nen. Die Be­nut­zung der Mailingli­ste als Hin­terzim­mer für Dis­kus­si­on über die Newsgrup­pe er­gab sich danach.

Schließ­lich, da das Use­net wuchs, ka­men vie­le Neu­an­kömm­lin­ge und moch­ten die Um­ge­bung, weil es ge­schmiert lief. Um sich ge­gen das Pro­blem des un­kon­trol­lier­ten Zu­wachses zu schüt­zen, sag­ten sie: „Wir star­ten ei­ne neue Li­ste, die Young Hats.“

Da­mit er­stell­ten sie ein drei­ge­teil­tes Sy­stem, nicht ganz un­ähn­lich zum Sy­stem bei Slash­dot, wo es an­ony­men Feig­lin­ge, die Be­nut­zer mit Pro­fil und die­je­ni­gen mit viel Kar­ma gibt. Weil das Use­net ih­nen ei­ne sol­che Struk­tur nicht er­laub­te, wur­de an­de­re Soft­ware mit ins Spiel ge­bracht, die­se Mailingli­sten, die sie zum Bau die­ser Struk­tur brauch­ten. Man kann al­so nicht die Be­nut­zer pro­gram­mie­ren, the Al­teingeses­senen fin­den sich zu­ein­an­der und wer­den sich ge­gen­sei­tig erken­nen.

3. Das drit­te Prin­zip, was ak­zep­tiert wer­den muss: Die Kern­grup­pe hat Rechte, die in­di­vi­du­el­le Rechte in ge­wis­sen Si­tua­ti­onen über­trump­fen. Das geht sehr ge­gen den Strich der im Netz häu­fig vorkom­menden li­ber­tä­ren Denk­wei­se und es geht dia­me­tral ge­gen das Ein-Mensch-ei­ne-Stimme Prin­zip. Aber man kann an Bei­spie­len zei­gen, wie schlecht die Idee von Wah­len ist, wenn man Mit­gliedschaft mit der Mög­lichkeit teil­zu­neh­men gleich­setzt.

In den frü­heren Neun­zi­gern gab es ein Vor­schlag für ei­ne neue Grup­pe soc.culture.ti­bet, die sich mit ti­be­ti­scher Kul­tur be­fasst. Und die­ser wur­de ab­ge­lehnt, weil es ei­ne gro­ße Grup­pe chi­ne­si­scher Stu­denten mit In­ter­net­an­bin­dung gab, die den Vor­schlag mit der Be­grün­dung ab­lehn­ten, dass Ti­bet kein Staat, son­dern ei­ne Re­gi­on von Chi­na war, die be­reits ei­ne Grup­pe be­saß. Und von die­ser Ein­stel­lung aus wur­de ar­gu­men­tiert, da Ti­bet kein Staat war, wä­re die Exi­stenz ei­ner sol­chen Kul­tur wi­der­sprüch­lich und es soll­te es kei­nen Platz für der­ar­ti­ge Dis­kus­si­onen ge­ben.

Jetzt kann je­der se­hen, dass das die fal­sche Ant­wort ist. Die Leu­te, die über ti­betische Kul­tur dis­ku­tie­ren woll­ten, soll­ten die Mög­lichkeit ha­ben. Es war ei­ne Kern­grup­pe. Weil je­doch das Mo­dell des Use­nets die Ein-Mensch-ei­ne-Stimme „Je­der im Use­net darf in je­der Grup­pe abstim­men“ war, konn­ten um­strit­te­ne Grup­pen ein­fach weg­ge­stimmt wer­den.

Stel­len sie sich vor, dass heu­te in den USA In­ter­net­be­nut­zer dar­über abstim­men dür­fen, ob sich ei­ne An­ti­kriegs­be­we­gung for­mie­ren darf. Oder dass fran­zö­si­sche Be­nut­zer erst abstim­men müs­sen be­vor sich ei­ne Kriegsbe­we­gung for­mie­ren kann. Die Leu­te, die die­se Dis­kus­si­on ha­ben wol­len, sind die­je­ni­gen, auf die es an­kommt. Und be­din­gungs­lo­se Mit­gliedschaft mit der Idee, dass, so­bald man sich ein­log­gen kann, man au­to­ma­tisch volle Rechte be­sitzt, ist ein schlech­ter An­satz; es ist ei­ne Ty­ran­nei der Mehr­heit.

The Kern­grup­pe be­nö­tigt We­ge, sich selbst zu ver­tei­di­gen – ein­mal um sich zu for­mie­ren und we­gen der Ef­fek­te, von de­nen ich ge­spro­chen ha­be – da­mit sie bei ih­rer Char­ta bleibt und nicht den Grund­be­dürf­nis­sen nach­gibt.

Die Wi­ki­pe­dia hat heu­te ein ähn­li­ches Sy­stem: Mit ei­ner frei­wil­li­gen Feu­er­wehr, ei­ne Grup­pe von Leu­ten, die sich un­ge­wöhn­lich stark einbrin­gen, um den Er­folg von Wi­ki­pe­dia zu ge­währ­lei­sten. Und sie ha­ben auf­grund der Weise, wie Wi­kis funktionie­ren, ge­nü­gend Ein­fluss um Graf­fi­ti zu­rückzuneh­men, so dass Wi­ki­pe­dia trotz wie­derholter At­tack­en im­mer noch steht. Ei­ne Kern­grup­pe an Ein­fluss ge­win­nen zu las­sen ist ein mäch­ti­ges Werk­zeug.

Wenn ich jetzt ge­sagt ha­be, dass man die­se drei Din­ge ak­zep­tie­ren muss, mei­ne ich, dass man die­se Din­ge ak­zep­tie­ren muss. Wenn man die­se nämlich von vorn­her­ein nicht ak­zep­tiert, dann wer­den sie frü­her oder spä­ter trotzdem ein­ge­führt wer­den müs­sen. Und dann schreibt man wie­der ei­nes die­ser Do­ku­men­te, die be­schrei­ben: „Oh, wir ha­ben dies und je­nes ge­star­tet, und dann ha­ben wir es aus­pro­biert, und dann ka­men die Be­nut­zer und trie­ben selt­sa­me Din­ge. Und jetzt wer­den wir dies do­ku­men­tie­ren so dass spä­tere Ge­ne­ra­tio­nen nicht den­sel­ben Feh­ler ma­chen.“ Ob­wohl man ge­nau die­sel­ben Do­ku­men­te von 1978 nicht ge­le­sen hat.

Al­le recht­schaf­fe­nen Grup­pen ha­ben ei­ne Ver­fas­sung. Die Ver­fas­sung ist teils for­mell, teils infor­mell. Der for­melle Teil be­fin­det sich mi­ni­mal im Code der Soft­ware – „Die Soft­ware funk­tio­niert so.“

Der infor­melle Teil ist die Grund­ein­stel­lung „wie wir hier zu ver­fah­ren pfle­gen.“ Und egal, wie um­fangreich dies in den Sta­tu­ten oder dem Code nie­der­ge­legt ist, es gibt im­mer ei­nen infor­mel­len Teil. Die­se bei­den kön­nen nicht ge­trennt wer­den.

Vier Din­ge, die man im Au­ge be­hal­ten soll­te.

1. Wenn ich anfan­ge, ein Stück so­zia­ler Soft­ware für gro­ße und lang­le­bi­ge Grup­pen zu bau­en, wel­ches De­sign soll­te man wäh­len ? Das er­ste, wo­hin man dar­auf ar­bei­ten soll, ist es, dem Be­nut­zer ei­ne Reprä­sen­ta­ti­on zu ge­ben, in die er investieren kann.

Ich sag­te ab­sicht­lich nicht „Iden­ti­tät“ son­dern „Reprä­sen­ta­ti­on“, weil „Iden­ti­tät“ plötz­lich ei­nes die­ser Din­ge gewor­den ist, bei dem man be­reits beim leich­ten Zie­hen dar­an ei­nen gan­zen Sack voll Pro­ble­me be­kommt. Iden­ti­tät ist ei­nes der heißum­strit­te­nen The­men der Zeit, aber für das leichtgewich­tige Teil der so­zia­len Soft­ware kommt es nur auf die Reprä­sen­ta­ti­on an.

Inzwi­schen hat fast je­der ver­stan­den, dass An­ony­mi­tät nicht gut in ei­ner Grup­penum­ge­bung funk­tio­niert, weil die Grund­be­din­gung ei­ner Kon­ver­sa­ti­on ist, dass man weiß, wer was ge­sagt hat. Was man häu­fig nicht be­denkt, ist, dass schwa­che Pseud­ony­mi­tät auch nicht so recht funk­tio­niert. Ich be­nö­ti­ge et­was, was mir er­laubt, et­was, was je­mand jetzt zu mir sagt, mit frü­heren Ge­sprä­chen in Ver­bin­dung zu brin­gen.

Das weltbe­ste Re­pu­ta­ti­ons­sys­tem der Welt be­fin­det sich in un­se­rem Ge­hirn. Und es be­fin­det sich wirk­lich ge­nau da, im emo­tio­nalen Teil des Ge­hirns. Al­le Ar­bei­ten der Welt an Re­pu­ta­ti­ons­sys­temen ist entwe­der un­be­deu­tend oder nutz­los, weil Re­pu­ta­ti­on we­der in ei­ne Formal ge­faßt oder über­trag­bar ist.

Es gibt Leu­te, die ih­re Frau be­trü­gen, aber ehr­lich beim Kar­ten­spie­len sind. Oder um­ge­kehrt. Oder dies we­der noch oder so­wohl als auch tun. Das Anse­hen von je­mand ist nicht oh­ne wei­teres von ei­ner Si­tua­ti­on zur an­de­ren über­trag­bar und es kann nicht auf ein­fache Art aus­ge­drückt wer­den.

eBay hat uns al­le kei­nen Gefal­len ge­tan weil eBay auf ein­ma­li­gen und stück­wei­sen Vor­gän­gen ba­siert, die ge­nau das Ge­gen­teil von so­zia­len Si­tua­ti­onen sind. eBay's Re­pu­ta­ti­ons­sys­tem funk­tio­niert des­halb so gut, weil es von ei­ner for­mel­len Si­tua­ti­on aus­geht – „Wie­viel Geld für wie­viel Smurfs ?“ und dies in ei­ne ma­the­ma­tisch faß­ba­re Me­trik aus­drückt.

Das funk­tio­niert nicht so gut in so­zia­len Si­tua­ti­onen. Wenn man ein gu­tes Leu­munds­sy­stem ha­ben möch­te, laß mich dar­an er­in­nern, wer Du bist. Und wenn Du mir ei­nen Gefal­len tust, wer­de ich mich dar­an er­in­nern. Und ich spei­che­re das nicht vor­ne, son­dern hin­ten in mei­nem Ge­hirn ab. Ich be­kom­me dann ein gu­tes Ge­fühl, wenn ich wie­der E-Mail von Dir be­kom­me; ich weiß nicht mal war­um. Und wenn Du mir ei­nen Bä­ren­dienst er­wie­sen hast und ich dann E-Mail von Dir be­kom­me, dann wer­den mei­ne Schlä­fen an­fan­gen zu po­chen und ich weiß auch nicht war­um. Wenn man Be­nut­zern die Mög­lichkeit gibt, sich zu er­in­nern, dann ent­steht Anse­hen und da­für be­nö­tigt man ei­ne ein­fache und dau­er­haf­te Reprä­sen­ta­ti­on.

Be­nut­zer müs­sen iden­ti­fi­ziert wer­den kön­nen und es muss ei­ne Stra­fe da­für ge­ben, die Reprä­sen­ta­ti­on än­dern zu wol­len. Die Stra­fe muss jetzt nicht un­be­dingt dra­ko­nisch sein. Aber so­bald ich mei­ne in­ter­ne Reprä­sen­ta­ti­on än­dern will, dann muss ich ein Stück Anse­hen oder Rechte auf­ge­ben müs­sen. Das sorgt für ein rei­bungs­lo­ses Funktionie­ren.

Das geht na­tür­lich ge­gen die Auf­fas­sung, die man über das In­ter­net seit den er­sten psy­cho­lo­gi­schen Schrif­ten dar­über hat­te. „Ach, im In­ter­net wer­den wir von ei­ner Iden­ti­tät zur an­de­ren schlüp­fen wie man Sock­en wech­selt.“

Und dann passieren Din­ge wie die Ge­schich­te der Kay­cee Ni­co­le, ei­ne Frau, die vor­gab, ein High-School Stu­dent zu sein. Als dann ih­re On­line-Freun­de ei­ne im­mer tie­fere emo­tio­nale Be­zie­hung zu ihr auf­bau­ten, ver­suchte sie, die vir­tu­el­le Per­son zu tö­ten: „Oh, sie lei­det an Krebs, wird ster­ben und es ist al­les so furcht­bar.“ Und na­tür­lich woll­te je­der zu ihr kom­men. Das ver­ur­sach­te Pa­nik und sie tauch­te ab. Das sorg­te da­für, dass ins­be­son­de­re die Me­ta­Fil­ter Ge­mein­schaft Er­mitt­lun­gen an­stell­te und schließ­lich her­ausfand, was los war. Es war ei­ne Art ver­teil­te De­tek­tiv­ar­beit.

Ei­ni­ge Leu­te wer­den dies jetzt als Hin­weis ver­ste­hen und ru­fen: „Se­hen Sie, das ist doch ge­nau das, was ich mit Iden­ti­tät mei­ne !“ Aber die Mo­ral der Ge­schich­te von Kay­cee Ni­co­le ist die­se: Die Iden­ti­tät zu wech­seln ist ei­ne ei­gen­ar­ti­ge Sa­che. So­bald die Ge­mein­schaft her­ausfin­det, dass man nicht der ist, der man vor­gibt zu sein, dann hat man ei­ne ro­te Li­nie über­schrit­ten. Und die Ge­mein­schaft wird ein er­staun­lich gro­ßen Auf­wand trei­ben, um Dich zu fin­den und zu bestra­fen. Iden­ti­tät ist nicht so wan­del­bar, wie uns die frü­he Li­te­ra­tur dar­über uns glau­ben las­sen will.

2. Zwei­tens, gib den Mit­gliedern die Mög­lichkeit, ih­re Dien­ste sicht­bar wer­den zu las­sen. Erlaube es, gu­te Ar­beit er­kenn­bar wer­den zu las­sen. Der mi­ni­male Weg ist Iden­ti­fi­zier­bar­keit. Man kann auch mehr aus­ge­klü­gel­te Din­ge wie Kar­ma oder Län­ge der Zu­ge­hö­rig­keit hin­zu­fü­gen.

Ich bin zwie­ge­spal­ten, ob das un­ab­ding­bar oder ein loh­nendes Ziel ist. Ei­nerseits glau­be ich, dass Mit­glieder mit gu­tem Ruf au­to­ma­tisch auf­stei­gen. Aber im­mer mehr Sy­ste­me, die der­zeit auf­tau­chen, ha­ben zu­sätz­li­che Ak­kre­di­tie­run­gen, um zu sa­gen, wie stark ein Mit­glied mit dem Sy­stem ver­wo­ben ist.

Es gibt ei­ne in­ter­es­san­te Be­ob­ach­tung, die ich über die Mu­sik-Tausch­bör­se ge­macht ha­be, die zwi­schen To­kio und Hong­kong läuft. Die Mit­glieder ha­ben ei­ne Mailingli­ste, die sie selbst auf­ge­setzt ha­ben. Wenn sie Mu­sik aus­tau­schen, dann ma­chen sie das, in­dem sie 180 GByte Fest­plat­ten versen­den. So kön­nen sie un­kom­pri­mier­te Mu­sik (WAV-For­mat) an­statt stark kom­pri­mier­te MP3s versen­den, und sie ma­chen das in Mas­se.

Man kann sich vor­stel­len, dass es ge­wis­se Or­ga­ni­sa­tio­nen gibt, die das über­haupt nicht lu­stig fin­den und man macht sich zum Ziel die­ser Or­ga­ni­sa­tio­nen. Wenn man der Grup­pe beitre­ten will, dann wird der ei­ge­ne Na­me mit dem Na­men dei­nes Un­ter­stüt­zers ver­knüpft. Oh­ne Un­ter­stüt­zer kann man der Grup­pe nicht beitre­ten. Der Ef­fekt des­sen auf das Anse­hen ist un­mit­tel­bar sicht­bar, nur da­durch, dass zwei Reprä­sen­ta­ti­onen mit­ein­an­der ver­bun­den sind.

In die­sem Sy­stem wird man schließ­lich ein ei­ge­nes Mit­glied mit Anse­hen, selbst wenn der Un­ter­stüt­zer weg­fällt und man auf sich al­lei­ne ge­stellt ist. Wenn je­doch je­mand ab­trün­nig wird, dann wird nicht nur man selbst, son­dern auch der Un­ter­stüt­zer aus­ge­sto­ßen. Es gibt je­de Menge Mög­lichkeiten, die Idee ei­nes gu­tes Ru­fes zu ak­zep­tie­ren und da­mit zu ar­bei­ten.

3. Drit­tens: Man be­nö­tigt ein Min­dest­maß von Bar­rie­ren zum teil­neh­men. Dies ist ei­ner der Din­ge, die Use­net ge­tö­tet ha­ben. Es muss et­was ge­ben, was Auf­wand zum Beitre­ten oder Teilha­ben be­deu­tet, wenn nicht auf den nied­rig­sten Le­vel, dann zu­min­dest auf den hö­heren. Es muss ei­ne Auf­tei­lung der Rechte ge­ben.

Zum ei­nen kann die Auf­tei­lung kom­plett sein: Entwe­der man ist Mit­glied oder man ist es nicht, ge­nau wie die Mit­glieder bei der Tausch­bör­se, die ich ge­ra­de an­ge­führt ha­be. Oder es kann teil­wei­se sein – je­der kann Slash­dot le­sen, an­ony­me Feig­lin­ge dür­fen posten, nicht-an­ony­me Feig­lin­ge kön­nen mit erwei­terten Rechten posten. Aber um Mo­de­ra­tor zu wer­den, muss man lan­ge, lan­ge da­bei sein.

Es muss ein ge­wis­ser Auf­wand exi­stie­ren, um zu­min­dest ei­ni­ge Din­ge er­le­di­gen zu kön­nen, oder die Kern­grup­pe hat kei­ne Mög­lichkeiten zur Ver­tei­di­gung.

Das geht ge­gen die Kar­di­nal­tu­gend der leich­ten Be­nutz­bar­keit. Aber leich­te Be­nutz­bar­keit ist falsch, es ist der fal­scher Weg, auf die Si­tua­ti­on zu schau­en, weil der Necker­wür­fel in die fal­sche Per­spek­ti­ve rutscht. Der Be­nut­zer der so­zia­len Soft­ware ist die Grup­pe, nicht das In­di­vi­du­um.

Ich den­ke, wir ha­ben je­der schon ein­mal an ei­nem Mee­ting teil­ge­nom­men, wo je­der ei­ne gu­te Zeit hat­te, wo man Wit­ze ge­macht und ge­lacht hat und je­der es ge­nos­sen hat, nur dass nichts er­reicht wur­de. Je­der hat sich so amü­siert, dass das Ziel der Grup­pe durch in­di­vi­du­el­le Ein­grif­fe tor­pe­diert wur­de.

Der Be­nut­zer so­zia­ler Soft­ware ist die Grup­pe, und die leich­te Be­nutz­bar­keit soll­te für die Grup­pe vor­be­hal­ten sein. Be­trach­tet man die leich­te Be­nutz­bar­keit rein von der Sicht­wei­se des Be­nut­zers, dann ist es sehr schwie­rig, die Grup­pe vor in­ter­nen „Die Grup­pe ist ihr ei­ge­ner schlimm­ster Feind“ – Schwie­rigkeiten zu be­wah­ren.

4. Und letzt­lich muss ein Weg er­son­nen wer­den, um mit dem Pro­blem der Mas­se fer­tig zu wer­den. Mas­se al­lei­ne tö­tet Ver­stän­di­gung weil Ver­stän­di­gung tie­fere zwei­sei­ti­ge Ge­spräche erfor­dert. Im Kon­text von Ge­sprä­chen ist Metcalfesches Ge­setz ein Hin­dernis. Die Tat­sa­che, dass die An­zahl mög­licher Ge­sprächspartner mit dem Qua­drat der Be­nut­zer an­schwillt, be­deu­tet, dass die mög­liche Tie­fe von Ge­sprä­chen sehr, sehr schnell selbst bei klei­nen Wachs­tum ab­nimmt. Es muss ei­ne Mög­lichkeit für „We­niger ist mehr“ Be­nut­zer ge­ben, sich mehr un­ter­ein­an­der aus­zu­tau­schen.

Das ist die um­ge­kehr­te Wer­te­ska­la ei­ner Mas­se. Den­ken sie an ih­re Kon­taktli­ste. 1000 Kon­tak­te, viel­leicht 150 Be­kannt­schaf­ten, 30 Freun­de und 2 bis 3 Leu­te, de­nen man ei­ne Nie­re spen­den wür­de. Der Wert ei­nes Kon­tak­tes ist in­vers zur Grup­pengrö­ße. Und man muss der Grup­pe ge­stat­ten, die­sen Wert zu er­hal­ten.

Manch­mal gibt es die Op­ti­on des ge­ziel­ten Auf­split­terns. Live­Jour­nal hat ei­ne der be­sten Soft­ware, die das ge­ziel­te Auswäh­len von Kon­tak­ten er­laubt, wo das Kon­zept von „Du“ und „Dei­ne Grup­pe“ sehr stark mit­ein­an­der ver­knüpft ist. Die durch­schnitt­li­che Grö­ße ei­ner Live­Jour­nal Grup­pe ist et­wa ein Dut­zend. Und der Me­di­an pen­delt um die fünf her­um.

Aber je­der Be­nut­zer ist durch ih­re Freun­de ein we­nig über an­de­re Grüpp­chen ver­bun­den, so dass zwar ei­ge­ne Grup­pen exi­stie­ren, aber kei­ne fe­ste Gren­ze ha­ben – es gibt ei­ne schwa­che Über­lap­pung. Das heißt, dass ob­wohl die al­lermei­sten Be­nut­zer sich in schma­len Grup­pen zu­sam­menfin­den, ge­nauso die al­lermei­sten 500 000 Be­nut­zer von Live­Jour­nal über ei­ne re­la­tiv klei­ne An­zahl von Gliedern mit­ein­an­der ver­bun­den sind.

IRC Ka­nä­le und Mailingli­sten re­gu­lie­ren sich selbst mit der Mas­se; wenn das Rauschen über­hand nimmt, dann sprin­gen Leu­te ab; wenn es wie­der bes­ser wird, tre­ten Leu­te wie­der bei. Es gibt die­se schwan­ken­den Zah­len, aber es kor­ri­giert sich von selbst.

Und dann gibt es ein Kon­zept bei Me­ta­Fil­ter, das mein per­sön­li­cher Fa­vo­rit ist: So­bald man ei­nen mas­senhaften Zu­wachs be­fürch­tet, dann wird der Zugang zum Beitre­ten ge­sperrt. „Ir­gend­je­mand hat in der Pres­se ge­sagt, dass Me­ta­Fil­ter toll ist ? Auf Wie­derse­hen !“ Das ist ein Weg, die Zu­gangs­barrie­re zu er­hö­hen, es ist ei­ne Mög­lichkeit, die Schwelle zum Bei­tritt zu er­hö­hen. Je­der, der Me­ta­Fil­ter dann auf die Merkli­ste setzt und sich sagt: „Ich möch­te Me­ta­Fil­ter un­be­dingt ken­nenler­nen, ich kom­me auf je­den Fall spä­ter zu­rück !“, dass ist ge­nau die Art Be­nut­zer, die Me­ta­Fil­ter ha­ben will.

Man muss ei­nen Weg er­sin­nen, um die ei­ge­nen Be­nut­zer vor dem Ef­fekt der Mas­se zu schüt­zen. Das be­deu­tet nicht, dass die Grö­ße des Sy­stems nicht an­wach­sen darf. Aber es ist nicht mög­lich, dass Sy­stem da­durch groß wer­den zu las­sen, dass man in­di­vi­du­el­le Ge­spräche nimmt und ver­sucht, die­se wie ei­nen Bal­lon auf­zu­blä­hen; mensch­li­cher Kon­takt, das Ge­spräch von vie­len zu vie­len, kann nicht auf die­se Weise auf­ge­bläht wer­den. Entwe­der es löst sich auf, es ver­wan­delt sich in ei­ne Aus­strah­lung oder es kol­la­biert schlicht. Des­halb rech­ne man schon im vor­aus mit dem Mas­sen­ef­fekt, er tritt oh­nehin frü­her oder spä­ter ein.

Ab­schluss

Die­se vier Din­ge, die ich be­schrie­ben ha­be, sind not­wen­dig, aber nicht hin­rei­chend. Ich schla­ge sie mehr vor als ei­ne Ba­sis, auf dem man in­ter­es­san­te Un­ter­schie­de auf­bau­en kann. Es gibt vie­le, vie­le, vie­le an­de­re Ef­fek­te, die un­ter­schied­liche Ar­ten von Soft­ware in­ter­es­sant ge­nug ma­chen, so dass man meh­re­re Kon­zepte ver­wen­den kann. Aber das, was ich be­schrie­ben ha­be, ist das Ge­mein­same, was ich bei ei­nem brei­ten Spek­trum von so­zia­ler Soft­ware von gro­ßen und lang­le­bi­gen Grup­pen ge­se­hen ha­be.

Zu­sätz­lich kann man ei­ne strik­te Auf­tei­lung von Grup­pen ein­füh­ren, wie die Gil­den bei den MMORPGs oder Ge­mein­schaf­ten bei Live­Jour­nal oder was auch im­mer. Man kann Fund­stücke bei Ge­sprä­chen einbau­en, wo die Grup­peninterak­tio­nen et­was In­ter­es­san­tes hin­terlas­sen ha­ben. Wi­ki­pe­dia ist ge­ra­de jetzt als grup­penba­sier­te freie En­zy­klo­pä­die das lehr­reich­ste Fund­stück des mensch­li­chen Aus­tausches, das ich ken­ne; ein Pro­dukt, das ne­ben­bei aus dem Ab­lauf ent­stand. An­statt zu sa­gen: „Wir wer­den uns jetzt zu­sam­men­tun und die­se Prä­sen­ta­ti­on er­stel­len“ war es ein­fach „Das ist das Er­geb­nis von dem, was ge­sagt wur­de.“

Da gibt es all die­se Din­ge und na­tür­lich un­ter­schei­den sie sich je nach Platt­form. Aber, so glau­be ich, es gibt ei­nen ge­mein­samen Kern von Din­gen, die auf­tre­ten, egal, ob man sie plant oder nicht, und Din­ge, die man pla­nen soll­te, weil die­se Soft­ware, die man für gro­ße Kom­mu­nen ein­setzt, un­wei­ger­lich da­mit kon­fron­tiert wird.

So­zia­le Soft­ware zu schrei­ben ist schwer. Und, wie ich ge­sagt ha­be, der Akt, ei­ne so­zia­le Soft­ware zu schrei­ben hat mehr mit der Vor­ge­hens­wei­se von Wirt­schafts­- oder Po­li­tik­wis­sen­schaft­lern zu tun. Und der Vor­gang, so­zia­le Soft­ware zu pfle­gen, hat mehr mit dem Ver­hält­nis von Ver­mie­ter zu Mie­ter als mit In­ha­bern zu Gü­tern in ei­nem Wa­renhaus zu tun.

Die Leu­te, die die Soft­ware be­nut­zen, selbst wenn es die ei­ge­ne ist und wenn selbst da­für be­zahlt, ha­ben Rechte und wer­den sich so be­neh­men, als ob sie Rechte ha­ben. Und wenn man die­se Rechte ab­er­kennt, dann wird sich das schnell her­umspre­chen.

Das ist ein Teil des Pro­blems, dass die Theo­rie der Ge­mein­schaft von John He­gel – Ge­mein­schaft führt zum In­halt und In­halt führt zum Han­del – nie funk­tio­nierte. Weil, wer hät­te das ge­dacht, wer auch im­mer auf den Chat­boards von Clai­rol auf­schlug, sie woll­ten über Din­ge re­den, die nichts mit Clai­rol-Pro­dukten zu tun hat­te.

„Aber wir ha­ben da­für be­zahlt ! Das ist die Clai­rol Sei­te !“ Spielt kei­ne Rol­le. Die Be­nut­zer sind für sich selbst und an­de­re da. Du magst die Hard­ware und Soft­ware auf ei­ge­ne Kosten ver­wen­den, aber die Be­nut­zer sind für sich selbst und an­de­re da.

Die Kon­zepte, die ich hier vor­schla­ge, so­wohl die not­wen­digen als auch die Din­ge, die man im Au­ge be­hal­ten muss, sind ge­ge­ben. Nimm die­se als Grund­la­ge ei­ner so­zia­len Platt­form und dann ge­he raus und baue dar­auf das all die in­ter­es­san­ten Din­ge, die, so glau­be ich, das endgültige Re­sul­tat die­ser Epo­che so­zia­ler Soft­ware sein wer­den.

Vie­len herz­li­chen Dank

An­mer­kun­gen des Über­set­zers

[1] Das Pla­to Bul­le­tin Board Sy­stem (Pro­gram­med Lo­gic for Au­to­ma­tic Tea­ching Ope­ra­ti­ons / Pro­gram­mierte Lo­gik für au­to­ma­tisches Ler­nen) war ei­nes der er­sten Sy­ste­me zur com­pu­tergestützten As­si­stenz. Es lief 1960 auf dem IL­LIAC I Com­pu­ter der Uni­ver­si­tät Il­li­nois.

[2] Glenn Har­lan Reynolds, ge­bo­ren am 27. Au­gust 1960 ist ein Rechts­pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Ten­nes­see und be­treibt das Blog In­sta­pun­dit. Falls noch nicht er­wähnt, Clay Shirky bringt hier kom­plett un­be­kann­te Bei­spie­le aus dem angloame­ri­ka­ni­schen Sprach­raum.

[3] Die Whole Earth 'Lec­tro­nic Link (elek­tro­ni­scher Link für die Gan­ze Er­de) ist ei­ne der äl­te­sten vir­tu­el­len Ge­mein­schaf­ten. Es wur­de von Ste­wart Brand und Lar­ry Brilliant mit dem Ziel, nach­hal­ti­ges Wirtschaften zu un­ter­stüt­zen, ge­grün­det.

[4] Er­fah­run­gen in Grup­pen und an­de­re Schrif­ten, Über­set­zung H. O. Rie­ble, Stutt­gart: Klett-Cotta, 3. Aufl. 2001, ISBN 3-608-94310-2

[5] Ro­bert's Ru­les of Or­der („Ro­bert's Ge­schäfts­ord­nung“) ist ein vom Bri­ga­dier­ge­ne­ral Hen­ry Mar­tyn Ro­bert 1876 ge­schrie­benes und im­mer noch ver­wen­de­tes klei­nes Buch, in dem kla­re Regeln für das Ver­hal­ten bei Treffen de­fi­niert wer­den.

[6] Das Lu­cas­film Ha­bi­tat war die er­ste vir­tu­el­le Com­mu­ni­ty, die auf ei­nem 1986 für den C64 ge­schrie­benen und ver­mark­te­ten On­line-Rol­len­spiel ba­sier­te.

[7] Drug­de Re­port wur­de von Matt Drud­ge und Charles Hurt 1996 als Nach­rich­tensammelpunkt ver­schie­de­ner Ar­ti­kel ein­ge­führt. Der Re­port war die er­ste Nach­rich­ten­quel­le für den Mo­ni­ca Le­wins­ky Skan­dal, nach­dem Newsweek sich ent­schied, die Sa­che fal­len zu las­sen.